Satya

Satya bedeutet übersetzt aus dem Sanskrit Wahrhaftigkeit oder Wahrheit oder auch wirklich, echt und von Erfolg begleitet. Es ist das zweite von fünf Yamas, den ethischen Grundprinzipien im Ashtanga Yoga. In den Schriften der Yoga Sutren werden diese Regeln in folgendem Vers erwähnt.

2.30. ahiṃsā-satyāsteya-brahmacaryāparigrahā yamāḥ
अहिंसासत्यास्तेयब्रह्मचर्यापरिग्रहाःयमाः
Eine Übersetzung bzw. Interpretation lautet „Aufrichtige Verständigung durch Sprache, Gesten und Handlungen“ 1)

Als ich begonnen habe mich mit dem Thema Satya zu beschäftigen, kam ich automatisch zurück zu Ahimsa, dem ersten Yama. Als zweites Yama ist Satya, nach Ahimsa, also in dieser Reihenfolge einzuhalten.

Ahimsa die erste Regel bedeute Friedfertigkeit – wörtlich das Fehlen von Gewalt (siehe letzter Blog Eintrag). So soll Wahrhaftigkeit immer unter Berücksichtigung niemanden zu verletzen gelebt werden. Vor Allem bezieht sich diese Regel auf den behutsamen Umgang mit allem Lebendigen das uns umgibt, insbesondere wenn es um Lebewesen geht, die hilflos oder in Schwierigkeiten sind. In diesem Diskurs ist grundsätzlich fraglich was mit Wahrheit gemeint ist. Ist nicht die Wahrheit ein Konstrukt, die für jede Person anders aussieht? Jeder sieht das Leben aus der eigenen Perspektive und durch die Brille der Erfahrungen.

So gehört es auch zur Wahrhaftigkeit sich selbst und seine eigenen Motive zu hinterfragen. Ich verstehe mich selbst als Mensch der gerne ehrlich ist. Für die Recherche für diesen Blog Eintrag habe ich weit mehr Zeit eingesetzt, als geplant. Ich habe mir selbst immer wieder die Frage gestellt, was hinter diesem „gerne ehrlich sein“ steht. Oberflächlich betrachtet möchte ich nicht die Unwahrheit sprechen, weil ich dann in meinem Wertesystem ein „schlechter Mensch“ bin. Gleichzeitig geht dieser Wunsch manchmal auf Kosten der Gefühle meiner Mitmenschen. Jemanden anderen zu verletzten betrachtete ich in diesen Fällen als Kollateralschaden.

Seit ich mich mit dem Thema Satya beschäftige, übe ich ganz bewusst, vor jeder „ehrlichen“ Aussage zu prüfen, ob ich jemanden damit verletzen könnte. Manchmal ergibt sich nach dieser Überprüfung, dass ich Dinge nicht sage oder tue. Des Weiteren frage ich mich immer öfter, wie wesentlich meine Sicht auf Themenstellungen für andere ist. Wie wichtig nehme ich mich selbst? Ich bin offenkundig nicht das Zentrum des Universums. Aus meiner Sicht bin ich ein kleiner Teil eines großen Ganzen – einer Gemeinschaft. Wir kommen auf die Welt, interagieren mit Menschen, Tieren und der Umwelt, leisten einen, mehr oder weniger großen, Beitrag und gehen wieder.

Wie wichtig ist also eine Wahrheit, die ich auf Kosten der Friedfertigkeit kundtue, wenn man davon ausgeht, dass wir alle miteinander verbunden sind. Alles was wir jemand anderem (an)tun, tun wir uns letztendlich uns selbst an. Eine schöne Praxis ist es also die Wahrhaftigkeit mit uns selbst in Friedfertigkeit und Liebe zu üben – dabei Verständnis zu zeigen und ehrlich zu sich selbst zu sein. Eine Übung, die wir wahrscheinlich unser ganzes Leben über perfektionieren dürfen.

Gender Hinweis:
Im Sinne einer besseren Lesbarkeit wurde dieser Texte zumeist in der männlichen Form verfasst. Ich möchte betonen, dass dies keinesfalls eine Benachteiligung des anderen Geschlechts impliziert. Frauen, Männer sowie Transgenderpersonen sollen sich von den Inhalten gleichermaßen angesprochen fühlen.

1)    T. K V. Desikcachar: Über Freiheit und Meditation. Das Yoga Sutra des Patanjali. Eine Einführung. 2014. S.79

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